Autor: Dr.in Nanina Freund, LL.M. (Seite 35 von 48)

Von der Bedeutung der Zeit

Zeit ist ein wirkliches Phänomen. Haben Sie sich überlegt, in wie vielen sprachlichen Wendungen die Zeit vorkommt? Mal ist der Mensch aktiv eingebunden („Ich habe Zeit“, „Ich nehme mir Zeit“, „Ich verbringe Zeit“),  mal scheint die Zeit selbst aktiv zu sein auf vielfältigste Art, sie vergeht, läuft ab, wird knapp, wird verloren, verstreicht, heilt (alle Wunden), zieht sich usw. Und dann die vielen Hauptworte, in der sie eingebunden sein kann: Zeitverlust, Zeitnot, Zeitknappheit, Zeitmanagement, Freizeit, Zeitfenster usw.

Offensichtlich ist für viele Menschen die Zeit zu einem Wirtschaftsgut geworden, denn „Zeit ist Geld“. So sieht es auch der Zeitforscher Karlheinz Geißler, der dazu im Standard ein Interview gab. Unter anderem lernte ich daraus, dass es die Uhr seit ca. 600 Jahren gibt und ein Leben nach der Uhr so manche Nachteile mit sich bringt, wie es Geißler formuliert:

„Der Uhrzeitmensch kennt keine lebendigen, bunten und abwechslungsreichen Zeiten, er kennt nur farblose und zählbare Zeiteinheiten. Aber die Zeiten, die im Leben zählen, sind die Zeiten, die nicht gezählt werden.“

Ein pessimistisches Szenario? Oder geht es Ihnen auch so? Wann erleben Sie „Zeit“ und wann sind Sie der „Sklave“ Ihres Kalenders?

Offenbar herrscht der ökonomische Zwang sich der Zeit zu unterwerfen, dem Druck des Terminkalenders, der Erwartung anderer Menschen, dass wir unsere Zeit optimiert und vollgestopft verbringen. Geißler geht davon aus, dass die heute herrschende Zeitverdichtung, verstärkt durch digitale Technologien und multitasking fähige Endgeräte uns eines Tages überlastet.

Geißler empfiehlt, der eigenen Zeitnatur nachzuspüren, sich bewusster auf die Zeit einzulassen, v.a. auf die Übergänge zwischen verschiedenen Aktivitäten. Dazu empfehle ich Ihnen 3 Übungen:

  1. Wenn Sie das nächste Mal eine berufliche Aktivität wechseln (also z.B. aus einer Besprechung zurückkommen und am Computer arbeiten wollen oder eine inzwischen eingegangene Sprachnachricht beantworten wollen), setzten Sie einen „Übergang“, indem Sie einmal aus dem Fenster schauen oder einen Tee oder Café trinken.
  2. Nehmen Sie einmal an einem freien Tag (z.B. am Wochenende) die Armbanduhr ab und schauen auch nicht auf die Zeitanzeige Ihres Smartphones, sondern versuchen Sie, dieses Tag bewusst zu erleben, ohne Zeitstruktur.
  3. Nehmen Sie sich eines oder mehrere Mitglieder Ihrer Familie oder Freunde und versuchen Sie einmal 15 Minuten still zu sitzen und nichts zu tun.

All diese Übungen dienen dazu, zu entschleunigen. Oder wie es Geißler ausdrückt:

„Dieses permanente Tun brauchen viele zur Selbstbestätigung. Man kann sich aber auch über das Lassen selbst bestätigen. Das ist viel stressfreier. Jede Aktivität speist sich aus Passivität. Ist man ununterbrochen aktiv, merkt man die Aktivität nicht – so geht es vielen Managern. Sie spüren ihre Belastung nicht mehr und kippen irgendwann um. Ihnen fehlt die Passivität, die sie in der Burnout-Klinik dann nachzuholen gezwungen werden.“

Vielleicht wollen Sie mal darüber nachdenken – wenn Sie mal wieder „Zeit haben“.

Mit zeitgemäßen Grüßen

Nanina Freund

Entschleunigung

Unser Alltag ist von unglaublicher Schnelligkeit geprägt. Oft hetzen wir von einem Termin zum nächsten. Nicht nur im beruflichen Alltag, sondern mitunter auch in der „Freizeit“.

Folgende Übung dient, um ein wenig zu entschleunigen:

Wählen Sie drei Türen aus – vielleicht die Wohnzimmertüre zuhause, die Türe in ihrem Büro in der Arbeit und die Türe zu Ihrem Lieblingsrestaurant.

Wenn immer Sie den entsprechenden Raum verlassen, berühren Sie die Türe ganz bewusst und erinnern sich, was alles Positives an diesem Ort und an diesem Tag geschehen ist…

…und dann geht es mit positiver Energie und voller Dankbarkeit zum nächsten Ort…

Welche Bücher wir lesen und was das mit uns zu tun hat

Wenn wir Bücher lesen, tauchen wir in eine andere Welt ein. Wir leben mit der Geschichte mit, versuchen uns hineinzudenken, überlegen wie es wohl weitergeht – ganz egal ob das ein Krimi, ein Drama, ein Sachbuch oder eine Liebesgeschichte ist.

Interessant ist, dass wir Bücher bewusst auswählen, die wir lesen. Der Inhalt hat immer etwas mit uns, unserer Geschichte und unseren Gefühlen zu tun. Deshalb werden Bücher, Metaphern, Geschichten und auch Märchen oft auch in der Therapie eingesetzt. Es wird hinterfragt, was einem an dieser Geschichte besonders gut gefällt und warum und was die Geschichte mit unserem Leben zu tun hat.

Deshalb lade ich Sie ein: Welches Buch lesen Sie gerade? Warum? Und was hat das Buch mit Ihnen zu tun?

Warum Wertschätzung gerade bei „schwierigen“ Gesprächen so wichtig ist…

Letztens habe ich zufällig ein Gespräch von drei Arbeitskolleginnen mitgehört. Ziel dieses Gespräches war, sich gegenseitig konstruktive Kritik zugeben, um die derzeitige Situation zu verbessern. In der Realität aber wurde eine der drei Damen nur mit Vorwürfen überschüttet. Als sie sich dazu äußern wollte, wurde ihr der Satz entgegnet „du musst dich jetzt nicht rechtfertigen“.

Was ist dann passiert?

Keine der Damen hat der anderen mehr zugehört. Jede war mit der Kritik an den anderen beschäftigt und gleichzeitig mit der stillen Rechtfertigung des eigenen Verhaltens.

Kritik darf man äußern und bringt vermutlich weiter. Aber nennen wir es mal nicht Kritik, sondern ein Geschenk zum Wachstum. Und ein solches Geschenk kann man vielleicht leichter annehmen, wenn dem eine Wertschätzung vorangeht?!

Ich glaube, dass die drei Damen bestimmt auch einen positiven Beitrag geleistet haben. Wenn man dies zu Beginn des Gespräches gestellt hätte, wäre es mit der Kritik…Entschuldigung…mit dem Wachstumsgeschenk anders gelaufen….

Kuckuckskinder und wie das finanziell aussieht

Im psychosozialen Teil ging es um den Film „Plötzlich Papa“ und damit um das Thema Kuckuckskinder. Wie sieht das das österreichische Recht:

Sobald festgestellt ist, dass der Scheinvater nicht der biologische Vater ist, sind ihm wohl auch nach dem Gesetz alle Rechte verwehrt, zumindest was Obsorge und Alimente betrifft. Da, wie im Film „Plötzlich Papa“, über viele Jahre eine enge Verbindung zwischen dem Kind und dem Scheinvater bestand, ist davon auszugehen, dass dem (Schein)Vater möglicherweise ein Kontakt(Besuchs)recht zugestanden wird, wenn und soweit dies dem Kindeswohl entspricht.

Ob der Scheinvater das Recht zur weiteren Erziehung gegenüber der leiblichen Mutter erhält, ist eher zu bezweifeln, zumal – immer ausgehend von dem Film „Plötzlich Papa“ – sich Kind und Mutter kennen und auch das Kind der Mutter zugewandt scheint. Vor diesem Hintergrund ist es daher unrealistisch, dass der Scheinvater ein Recht auf Obsorge erhält.

Wie sieht es mit allen bisherigen Aufwendungen aus: Der biologische Vater haftet dem Scheinvater für den geleisteten Unterhalt samt Zinsen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der biologische Vater  nur so viel an Alimente zahlen muss, wie er nach seinem Einkommen zahlen hätte müssen. Daher kann es sein, dass der Scheinvater in all den Jahren möglicherweise mehr an Unterhalt gezahlt hat, als er vom biologischen Vater zurück erhält.

In einem „wahren“ Fall, der vor dem Obersten Gerichtshof entschieden wurde, hat der leibliche Vater verlangt, dass die Freude über das Kind insofern anzurechnen sei, als dies die (seine) Rückzahlung gegenüber dem Scheinvater schmälern würde. Hierzu hat der OGH eindeutig festgehalten, dass die „Freuden an einem Kind“ nicht einzubeziehen sind, da auch Großeltern beispielsweise Freude an einem Kind haben, aber dafür nicht zahlen müssen.

Die Mutter des Kindes haftet dem falschen Vater nur dann, wenn sie den Scheinvater des Kindes bewusst irregeführt hat. Bezugnehmend auf den Film „Plötzlich Papa“ bleibt offen, ob die Mutter den Scheinvater vorsätzlich in die irregeführt hat.

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