Kategorie: Recht (Seite 2 von 9)

Was ist gerecht bei der Familienbeihilfe?

Sie haben es vielleicht gelesen:  Die EU-Kommission hat eine Klage gegen die Indexierung der Familienbeihilfe beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Worum geht es dabei eigentlich?

Hintergrund sind die Regelungen zur Zahlung der Familienbeihilfe für Menschen, die einen beruflichen Bezug zu Österreich haben, aber im Ausland leben, sogenannte Pendler. Jene, die im Ausland leben, verdienen ihr Gehalt oder ihren Lohn in Österreich, haben aber die Lebenshaltungskosten ihres Wohnortlandes, z.B. Tschechien, Slowakei oder Ungarn.

Wenn dort die Lebenshaltungskosten für Kinder geringer sind, darf der österreichische Staat dann die Kinderbeihilfe anpassen?

Die österreichische Regierung hat diese Frage mit ja beantwortet und die Kinderbeihilfe indexiert, d.h. an das Verhältnis der Lebenshaltungskosten für Kinder im Ausland im Vergleich zu Österreich angepasst. Argumentiert wurde die Regelung der österreichischen Regierung beim Beschluss damit, dass es vom Wohnort abhänge, wie hoch die Lebenshaltungskosten seien. Daher sei es unfair, wenn überall dieselbe Summe ausbezahlt werde. Dagegengehalten wird, dass die ausländischen Arbeitnehmer durch ihre Abgaben ebenso wie inländische Dienstnehmer ins österreichische Sozialsystem einzahlen.

Anlassfall war die Beschwerde einer tschechischen Grenzpendlerin gegen die Kürzung ihrer Familienbeihilfe sowie 38 weitere Beschwerden beim Bundesfinanzgericht. Den zuständigen Richtern wurde laut Gerichtssprecher empfohlen, mit der Entscheidung auf den Spruch des EuGH zu warten. In Summe geht es für die Republik Österreich um zwischen 62 und 114 Mio. € pro Jahr.

Die EU-Kommission hat Zweifel an der Gerechtigkeit dieser Maßnahme. Sie meint, der noch von der ÖVP-FPÖ-Regierung eingeführte Mechanismus verstoße gegen die geltenden Vorschriften zur Koordinierung der sozialen Sicherheit und sei diskriminierend, da damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Österreich in vollem Umfang Beiträge leisten, weniger erhalten als jene, deren Kinder in Österreich leben. Die Indexierung gelte außerdem nicht für österreichische Staatsangehörige, die im Ausland für eine österreichische Behörde arbeiten und deren Kinder mit ihnen dort leben – obwohl ihre Situation vergleichbar sei.

Was bedeutet die Initiative der EU mit der Klage vor dem EU-Höchstgericht?

Da die Antwort der österreichischen Regierung für die EU-Kommission nicht zufriedenstellend war, hat sie Klage beim europäischen Gerichtshof eingereicht. Sofern Sie dort Recht bekommt, kann Österreich wegen eines Verstoßes gegen die europäischen Verträge belangt werden.

Scheidung in Corona-Zeiten

Die Einschränkungen des sozialen Lebens in Corona-Zeiten werden nach Ansicht vieler Experten umfassende Auswirkungen auf den Bedarf nach Unterstützung haben. Alle Formen der Coaches und Berater bereiten sich darauf vor oder sind schon mitten drin, ihre Praxen wieder zu öffnen bzw. ihre Angebote auf Online-Beratungen umzustellen. Dies kann die persönliche Beratung und Unterstützung zwar nicht in jedem Fall ersetzen, aber doch eine Hilfe sein in Zeiten, in denen noch „Abstandsgebote“ verpflichtend gelten oder zumindest empfohlen werden – zum eigenen Schutz und zum Schutz der Umwelt.

Wie sieht es aber im Bereich des Familienrechts aus? Wird es auch dort mehr zu tun geben? In einem Bericht im Kurier (www.kurier.at) wurde auf ein Beispiel aus Wuhan verwiesen:

„Ich habe alles gemacht. Putzen, Einkaufen, Kinder erziehen. Alles was mein Mann gemacht hat, war Videospiele spielen oder den Raum zu verlassen, wenn wir gemerkt haben, dass unser Sohn ins Bett gemacht hat.“ Helen Wu reicht es. Nach zwei Monaten Ausgangssperre und auf mit engstem Raum mit ihrem Ehemann hatte die Buchhalterin genug und reichte die Scheidung ein. So wie viele andere Pärchen in der chinesischen Stadt Wuhan: Nach der Quarantäne stiegen die Scheidungen rasant an.

Nun, China ist nicht Österreich und ob es mehr Scheidungen geben wird, ist noch nicht erwiesen.

Unser Scheidungsniveau ist ohnehin hoch, 40-50 % aller Ehen werden geschieden, dabei spielt die Dauer der Ehe keine so starke Rolle in der Erklärung. Wenn es so wäre, dann wäre aktuell also offenbar das enge Zusammensein ein Grund, warum sich Menschen trennen. Vielleicht lernt man den Partner in dieser Zeit besser kennen und erkennt auch, was einem gut tut und was nicht. Die äußeren Umstände spielen sicher auch eine Rolle.

Aktuell ist es aber so, dass man sich in Österreich gar nicht scheiden lassen kann. Der Kurier Artikel erwähnt dabei, dass wegen der Coronakrise auf Notbetrieb beschränkten Gerichte einen großen Rückstau abzubauen haben. Die Absage vieler Tausend Verhandlungen hat auch dazu geführt, dass alle Gerichtstermine zu Scheidungen abgesagt wurden. Und auch nach der Krise wird es schwierig werden, schnell Termine nachzuholen, denn bei Gericht braucht es entsprechende Säle, denn Video-Konferenzen sind bei dieser Form der höchstpersönlichen Themen kein geeignetes Mittel.

Viele Scheidungswillige haben daher unfreiwillig mehr Zeit, das ist auch Zeit zum Nachdenken darüber, warum die Situation so ist, wie sie ist und wie man sie so gestalten kann, dass zu den äußeren Erschwernissen nicht auch noch innere hinzutreten. In dieser Zeit kann es hilfreich sein, eine Paartherapie zu machen. Wenn die Trennung schon beschlossen ist, aber man noch eine Weile miteinander auskommen „muss“ / darf, kann es gut sein, gemeinsam Wege zu finden, die dies ermöglichen. Wenn die Situation kritisch, aber noch nicht „verloren“ ist, kann Paarberatung helfen, zu einer Entscheidung zu kommen, sich selbst und gemeinsam klar zu werden, wie ein Weg aussehen kann und offen zu erörtern, wie der Zukunftsweg sein könnte – ob gemeinsam oder getrennt. Somit kann Paartherapie helfen, den Druck aus der Situation zu nehmen. Statt gegenseitige Vorwürfe gibt es die Chance zur Diskussion und aus der Diskussion entsteht ein gemeinsamer Weg.

Kontaktrecht und Coronavirus

Es gibt ein allgemeines Kontaktverbot, doch bezieht sich dies nicht zwingend auf das Kontaktrecht zwischen (getrennt lebenden) Eltern und deren Kinder.

Soweit Kontakte zwischen dem Kind und dem getrennt lebenden Elternteil gerichtlich festgelegt sind, gelten diese weiter. Soweit das Kindeswohl eine Änderung erfordert, sind die Eltern (wie bisher auch) aufgerufen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Wenn dies nicht möglich sein sollte, kann (wie bisher auch) das Gericht angerufen werden. Die Gerichte führen aber nur eine Art Notbetrieb und so können mündliche Verhandlungen nur ausnahmsweise durchgeführt werden.

Wie so oft ist auch oder insbesondere in der gegenwärtigen Pandemie-Zeit der Einzelfall entscheidend:

  • Wie regelmäßig bzw. in welchen Abständen waren die Kontakte bisher?
  • Gibt es altersgerechte Alternativen zu einem Treffen?
  • Lebt im Haushalt der Eltern eine Person, die einer Risikogruppe angehört?
  • Gehört das Kind selbst einer Risikogruppe an?
  • Wurde für den (überwiegend) betreuenden Elternteil oder einer in diesem Haushalt lebenden Person Quarantäne angeordnet?
  • Ist zwischen den Wohnorten der Eltern eine Staatsgrenze mit daraus resultierenden Problemen beim Grenzübertritt (soweit überhaupt möglich und zulässig)?

Die Liste ließe sich endlos lange führen und bringt zum Ausdruck, dass die Frage nach der möglichen Ausübung des Kontaktrechts tatsächlich in jedem einzelnen Fall zu klären ist. Es gibt wohl ähnlich gelagerte Fälle, aber dennoch wahrscheinlich immer noch die eine oder andere Unterscheidung. Allgemein gilt jedoch, dass das Kontaktrecht nur in Ausnahmefällen ausgesetzt werden darf. Den Kontakt abzusagen mit der Begründung wegen „Corona“ wäre vermutlich unzulässig, wenn es nicht weitere Gründe gibt. Denke Sie daran, dass es auch vielleicht andere „Kanäle“ gibt, um mit Ihrem Kind in Kontakt zu bleiben – Skype, FaceTime, SMS, WhatsApp oder das gute „alte“ Telefon.

Es ist eine allgemeine Ausnahmesituation und das gilt auch für das Familienrecht.

Keine einfache Aufgabe in dieser Zeit und noch dazu vor Ostern. Aber der Osterhase hat eben auch Husten und kommt daher ein paar Wochen später…

Quelle: www.ziff.at

Scheidung und die Schuldfrage

Seit Jahresbeginn haben wir eine neue Regierung und diese hat sich in ihrem Übereinkommen auch Gedanken zum Thema Familien-und Eherecht gemacht.

Im Regierungsübereinkommen heißt es im Kapitel Zivilrecht: „Dabei sollen unter anderem Regelungen wie Zweck der Ehe, Mitwirkungspflichten, gemeinsames Wohnen, Unterhaltszahlungen, Pensionssplitting und das Verschuldensprinzip überprüft und gegebenenfalls neu gefasst werden, wobei Grundsätze wie Schutz der Kinder, Schutz der schwächeren Partnerin bzw. des schwächeren Partners, vermeidungsverletzende Auseinandersetzungen und alle Formen des Zusammenlebens im Mittelpunkt der Überlegungen stehen sollen.“ In weiterer Folge wird erwähnt, dass die „Verkürzung des Zerrüttungszeitraums“ ein Punkt ist, bei dem Übereinstimmung besteht.

Was besagen das Verschuldensprinzip und der Zerrüttungszeitraum eigentlich? In Österreich kann die Scheidung begehrt werden, wenn die Ehe aufgrund einer schweren Verfehlung des anderen gescheitert ist. Natürlich gibt es daneben noch andere Formen einer Scheidung (z.B. einvernehmlich). Bei der Zerrüttung hingegen geht es um das endgültige Scheitern einer Ehe.

Das Verschuldensprinzip ist deshalb so wichtig, weil die Verteilung der Schuld letztendlich (in den meisten Fällen) Auswirkungen auf spätere finanzielle Regelungen, nämlich zum Unterhalt, hat. Der schlechter verdienende Ehepartner erhält nach einer Scheidung nur dann Unterhalt, wenn der ehemalige Partner oder die ehemalige Partnerin das überwiegende Verschulden an der Scheidung trägt. Diese Unterhaltsregelung ist natürlich unabhängig von möglichen Unterhaltsansprüchen für gemeinsame Kinder.

Aus den Verschuldensprinzip können sich aber eine Reihe von Herausforderungen und Problemen ergeben. So kann es zum Beispiel sein, dass PartnerIn A sich um Haushalt und Kindererziehung gekümmert hat, während PartnerIn B für das Haushaltseinkommen gesorgt hat. Nach einer Scheidung, sofern B nicht die Schuld zugesprochen wird, kann A Schwierigkeiten haben, den Lebensunterhalt für sich und gegebenenfalls die Kinder zu bestreiten. Hier gilt es also, einen gerechten Ausgleich zu schaffen.

Schuld ist in vielen Fällen auch eine moralische Frage, die auch dem Zeitgeist unserer gesellschaftlichen und moralischen Vorstellungen folgt. Es ist für RichterInnen in vielen Fällen schwierig, eine „Schuld“ eindeutig zu verteilen.

Es gibt Argumente, die dafürsprechen, das Verschuldensprinzip bei Scheidungen zu ändern oder abzuschaffen. Das geht allerdings nicht alleine. Es bedarf auch einer Ergänzung um eine Reform des Unterhaltsrechts. Eine Scheidung ohne gegenseitige Unterhaltszahlungen wäre nur dann angemessen, wenn beide Partner zuvor ein in etwa gleiches Einkommen erzielt haben. Je ungleichgewichtiger die Einkommensverteilung war (je mehr B also im Vergleich zu A verdient hat), desto größer wird der Bedarf von A sein, eine Unterhaltszahlung zu erhalten. Trotz großer Fortschritte in der Gleichberechtigung und der Erwerbstätigkeit von Frauen ist es heute nach wie vor so, dass viele Frauen zu Hause bleiben und die Kinder betreuen, während der Mann einer bezahlten Tätigkeit nachgeht. Im Falle einer Scheidung lässt sich diese Thematik nur auflösen, wenn das Unterhaltsrecht reformiert wird. Nur dann wäre PartnerIn A im Fall der Scheidung ausreichend abgesichert. Eine mögliche Bezugsgröße für den Unterhalt wäre daran zu messen, was PartnerIn A für die Ehe aufgegeben hat. So ergeben sich aus Teilzeitbeschäftigung oder Karenzzeiten erhebliche finanzielle Einbußen, die in eine Kalkulation der Unterhaltszahlung einfließen könnten. In diesen Zusammenhang müssen auch Einzahlungen in die Pensionskassa berücksichtigt werden.

Man darf daher gespannt sein, wie der Gesetzgeber das Vorhaben aus dem Regierungsprogramm umzusetzen wird.

Online Scheidung

Die Hochzeit ist ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft – d.h. man muss persönlich anwesend sein und „Ja“ sagen. Eine Scheidung verlangt das auch. Paare, die sich trennen wollen, müssen diesen Willen kundtun (einvernehmlich) oder sich vor Gericht persönlich darüber bei einer strittigen Scheidung auseinandersetzen.

In Dänemark ist das seit 2013 nicht mehr so. Dort gibt es, wenn sich die zukünftigen Ex-Partner einig sind, die Möglichkeit zur Online-Scheidung. Wenn sich die Partner einig sind, dann können sie ihre Ehe beenden, ohne dass Fristen für die Trennung eingehalten werden müssen, ohne Gerichtsverhandlung, ohne persönliches Vorsprechen und auch ohne Anwälte. Entscheidend ist nur das Einvernehmen beim Ausfüllen der entsprechenden Online-Formulare…. Scheidung im digitalen Zeitalter – so einfach wie das Bestellen beim Online-Versand von A…… Sie wissen schon. Dabei gibt es einen Online Guide, der durch das Verfahren führt, (s. https://www.borger.dk/familie-og-boern/Skilsmisse-og-familiebrud/Separation-og-skilsmisse) und die Varianten aufzeigt (Trennung, direkte Scheidung oder Scheidung nach einer Trennungszeit).

Dänemark hat eine ca. 50% ige Scheidungsquote, wie viele andere europäische Länder auch, erstaunlich ist dabei der hohe Anteil an Online-Scheidungen (77 %). Ob es hier eine Kausalität zwischen der Zahl der Scheidungen und der Einfachheit der Umsetzung gibt, ist nicht bekannt.

Man kann sich fragen, ob ein solches System auch in Österreich implementierbar wäre. Dabei fällt einem für Eltern minderjähriger Kinder, die sich scheiden lassen wollen unmittelbar die verpflichtende Elternberatung nach § 95 AußerstreitG ein, die auch ich in meiner Praxis anbiete. Auch hier haben die Dänen eine Lösung, wobei die letzte Änderung 2019 erfolgte. Nun müssen die Eltern drei Monate Bedenkzeit verstreichen lassen (quasi ein Rücktrittsrecht im juristischen Sinne) und sich in Bezug auf die Förderung der Kooperation nach der Scheidung schulen lassen. Diesen Kurs können sie aber auch online absolvieren (s. https://www.denoffentlige.dk/naar-aegteskabet-gaar-i-stykker-skilsmisse-kraeve-online-kursus-i-samarbejde)

Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind offenbar unbegrenzt – auch im Familienrecht.

Hinweis: alle Linkabrufe vom 7.2.2020

« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »