Jahr: 2014 (Seite 2 von 3)

Eine Geschichte zum Nachdenken

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist Sommerzeit und auch Ferienzeit und vielleicht ergibt sich damit auch Zeit für Geschichten zum Selbstlesen, zum Vorlesen oder Vorlesen lassen oder einfach zum Nachdenken.

Nachstehend finden Sie eine Geschichte, die anregt, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und Dinge, die man nicht ändern kann, anzunehmen:

Fathima, die wunderschöne Tochter des Sultans Achmet, war15 Jahre alt , als ihre ergraute Kinderfrau, die neben ihr auf dem rotsamtenen Diwan saß und feine Spitzen um ein Seidentaschentuch häkelte, ihr eine Geschichte erzählte, die sie nie vergessen sollte: denn es war eine geheimnisvolle Geschichte von unerfüllbaren Wünschen, von Ohnmacht und Hilflosigkeit und von der Weisheit, die darin besteht, Unerreichbares loszulassen. Kurz: Es war eine Geschichte über das Leben.

In alten, grauen Zeiten, lange bevor Achmet Sultan im Morgenland wurde, bekommen seine Vorfahren Mechmet und Leila zu ihrer Hochzeit eine wundervolle Vase geschenkt. Die Vase ist von auserlesener Schönheit. Über einem breiten, goldenen Fuß rankt sie sieh leicht und schlank empor, formt zu beiden Seiten zwei geschwungene Henkel und schließt sich zuletzt in einem vollkommenen Kreis um die kleine Öffnung. Beide Seiten der Vase sind mit Gold/ Blau und Purpurrot bemalt/ aber mit so unterschiedlichen Mustern, dass sie einander ähneln und doch grundverschieden sind. Mit der Vase ist ein Auftrag verbunden: Die Besitzer sollen sie jeden Morgen bei Sonnenaufgang auf den Felsen über dem Fluss stellen, damit sie sich am Tage mit dem Licht und der Wärme füllen und nachts das junge Paar mit ihrem Inhalt erfreuen könne. Einige Jahre führen Mechmet und Leila ein glückliches, Iicht- und wärme erfülltes Leben, dem auch ein Kind entspringt: ihre Tochter Lucia.

Dann/eines Abends, geraten Mechmet und Leila in Streit darüber, wer heute die Vase vom Felsen holen solle. Jeder von beiden behauptet, der andere sei dran/jeder behauptet, er habe Recht und es sei die Schuld des anderen, wenn der Vase nachts etwas widerfahre. Wütend schlafen beide ein. Das zischende Geräusch eines grellen Blitzes und ein furchtbares Donnergrollen weckt sie mitten in der Nacht. Sie wissen beide, was das bedeutet. Als sie ins Dunkel hinaus hasten und zu dem Felsen kommen, auf dem die Vase stand, liegt dort nur noch eine Hälfte. Der Blitz hat das edle Gefäß gespalten. Sosehr sie auch suchen, die andere Hälfte bleibt verschwunden, sie muss hinunter in den Fluss gefallen sein. Aber auch die Suche im Flussbett während der nächsten Tage und Wochen bleibt  vergeblich. Leila weint bitterlich, und Mechmet schweigt mit zusammengepressten Lippen. Sie beginnen sich darüber zu streiten, was mit der übrigen Hälfte geschehen solle. Mechmet findet sie zu nichts mehr nutze und wirft sie eines Tages, als er sich von Leila unbeobachtet glaubt, weg, aber Leila hat es gesehen, sie holt die Vasenhälfte, die sie an Zeiten der Wärme und Liebe erinnert, heimlich zurück und versteckt sie in ihrer Truhe.

Jahrelang spricht niemand mehr von der Vase. Mechmet beginnt ein neues Leben mit viel Arbeit, Leila ist oft still und traurig, und Lucia wächst heran. Kurz vor Lucias siebentem Geburtstag fällt Leila ein, dass sie in der großen, alten Truhe ein wertvolles Goldstück aufbewahrt/und sie beschließt, ihrer Tochter davon etwas Besonderes zum Geburtstag zu kaufen. Zum ersten Mal nach Jahren öffnet sie die Truhe und findet neben dem Goldstück die fast vergessene Vasenhälfte. Lucia hat der Mutter beim Suchen zugeschaut, beginnt nun zu fragen und erfährt die Geschichte der Vase.

Da sie mutig und neugierig ist, läuft sie sogleich zum Fluss, zieht Schuhe und Strümpfe aus, watet ins seichte Wasser und spürt nach wenigen Schritten unter ihren Füßen etwas Hartes. Als sie es vorsichtig ausgräbt, ist es der andere Teil der Vase. Freudig erregt läuft sie damit zu ihrer Mutter. Beim Anblick der verloren geglaubten Hälfte durchläuft Leila ein warmer Schauer des Erinnerns. Geschäftig beginnt sie, sie vom Sand und Schlick des Flusses zu befreien. Lucia spürt die hoffnungsfrohe Aufregung der Mutter. Schließlich hält Leila die beiden Hälften aneinander. Da erst sieht sie, wie verschieden sie voneinander geworden Sind. Die Hälfte, die sieben Jahre im Wasser gelegen hat, zeigt nur noch blasse Blau-, Gold- und Purpurspuren, Kies und Sand haben die Bruchstellen abgeschliffen und manche Kerbe ins Porzellan geschlagen. Da wird Leila voll Trauer gewahr, dass die beiden Hälften nicht mehr zusammenpassen. Sie befiehlt ihrer Dienerin, unverzüglich beide Teile wegzuwerfen. Lucia folgt der Magd und überredet sie, ihr die Hälften, wie sie sagt, »zum Spielen« zu überlassen.

In Wahrheit aber hat Lucia beschlossen, die zerbrochene Vase um jeden Preis wieder ganz zu machen. Freude und Traurigkeit ihrer Mutter haben ihr gezeigt, wie wichtig die Vase für Leila sein muss.

Weil Lucia ihre Mutter über alles  liebt, versucht sie in den kommenden Wochen heimlich, Nacht für Nacht, die Vase zusammenzufügen: Jedoch, was immer Lucia auch verwendet, um die beiden Teile wieder miteinander zu verbinden – Kleber, Kitt, Ton, ja sogar in Honig gelösten Muschelkalk-, am Morgen liegen sie wieder getrennt nebeneinander. Lucia, die sieht, wie ihre Mutter wieder in die alte Traurigkeit verfällt, gibt nicht  auf. Sie schläft kaum noch probiert nachts eine Klebstoffmischung nach der anderen aus und ist fest davon überzeugt, dass es einzig an ihrer Unfähigkeit liegt, dass die Vase nicht zusammenhält. Weil sie nachts arbeitet, schläft sie Oft am Tag und spielt immer seltener mit ihren Freunden.

Eines Tages weckt sie ihr Freund Gülhan um drei Uhr mittags und schimpft: »Mit dir ist ja gar nichts mehr anzufangen, du bist echt langweilig.« Weil er Lucia gern mag, fügt er, mit beiden Händen in seine prallen Taschen greifend, hinzu: »Ich habe dir viele Haselnüsse und Walnüsse mitgebracht. In der letzten Nacht war ein großer Sturm. Ich habe gesehen, wie die Walnussbäume und die Haselnussbäume sich mächtig wehrten und ihre Kronen schüttelten, weil sie ihre Nüsschen nicht loslassen wollten, und ich habe gehört, wie der Sturm heulte: >Lass los, lass los, lass los.< Das war ein gewaltiger Kampf, und der Sturm hat gewonnen. Heute Morgen lagen unendlich viele Nüsse unter den Bäumen, denn sie sind reif, und im nächsten Jahr können wieder neue wachsen. Gib mir zwei Schalen, liebe Lucia, damit ich die Haselnüsse in die eine und die Walnüsse in die andere legen kann.« Während Lucia im Schrankvergeblich nach zwei Schalen sucht, hat Gülhan längst die beiden Hälften der Vase entdeckt und sie mit den Nüssen gefüllt. Als Lucia das sieht, will sie zuerst laut schimpfen, aber dann gefällt ihr die braune Pracht der Waldfrüchte in den kostbaren Gefäßen, und sie holt einen Nussknacker.

»Und wie ging das weiter?« wollte Fathima wissen, als ihre alte Kinderfrau die Geschichte beendet hatte. »Oh«, sagte diese, »Lucia hat in ihrem Leben noch viele Schalen mit Früchten gefüllt, manche mit Brombeeren, andere mit Weintrauben, wieder andere mit Pilzen, mit Eicheln oder mit Sonnenblumenkernen.«

Viel Freude beim Vermehren der gewonnenen Erkenntnisse wünscht

Natascha Freund

Quelle: Spangenberg 1996, S.16-19

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Loslassen

Liebe Leserinnen und Leser,

am 24. Mai 2014 fand der erste Workshop zum Thema

„Loslassen“

in meiner Wiener Praxis statt.

Loslassen begleitet uns das ganze Leben. In manchen Situationen gelingt uns das ganz gut, es geht fast intuitiv, ohne viel Nachdenken oder überlegen, wie es funktionieren könnte – man weiß einfach, wie es funktioniert. In manchen Situationen funktioniert das Loslassen hingegen gar nicht. Manchmal liest man, dass Loslassen, etwas mit Annehmen zu tun hat. Nichts was wir festhalten, kann sich frei entfalten. An dieser Stelle möchte ich aber einwenden, dass Loslassen und Annehmen nicht resignierend erfolgen soll.

Loslassen ist eine Entscheidung.

Loslassen ist eine Erfahrung.

Loslassen bedeutet Veränderung.

Bei dem Gedanken der Selbstveränderung ist zunächst die Vorstellung, dass es doch eigentlich sehr leicht sein müsste, sich selbst zu verändern, wenn man es nur wirklich will.

Genau das ist aber dann auch das Problem: Wie oft haben wir uns schon Dinge vorgenommen, die wir wirklich wollten? Wir wollten abnehmen, das Rauchen aufgeben, mehr Sport treiben, uns mehr Zeit für uns und unsere Familie nehmen, weniger ärgern und aufregen, häufiger mal ausspannen, nicht mehr so viel streiten, etc.

Diese oder andere Veränderungen wollten wir wirklich. Wir waren auch fest davon überzeugt, diese umzusetzen. Aber was war dann das Ergebnis?

Unsere Vorsätze waren wie ein Startschuss, dem aber meist kein Rennen folgte!

Wir fragen uns, warum wir das eine oder andere trotz der besten Vorsätze nicht ändern können. Der Grund hierfür liegt darin, dass sich der bewusste Wille, dem Unbewussten entgegensetzt. Abläufe, die wir nicht unbedingt unmittelbar selbst steuern können. Ein Vorgang, der sich im Gehirn, auf der sogenannten  limbischen Ebene abspielt.

Die limbische Ebene selbst ist jedoch auch nicht unbeeinflussbar – eine Möglichkeit ist beispielsweise die Selbstmotivation.

Selbstmotivation ist dann nötig, wenn ich Zweifel darüber habe, dass ich mein Ziel erreichen kann. Im Wesentlichen gibt es 4 Möglichkeiten der Selbstmotivation:

  • Suchen Sie sich Vorbilder. Menschen, die Sie begeistern in ihrer Vorgehensweise.
  • Setzen Sie sich Ziele. Diese müssen klar formuliert und für Sie realistisch in ihrer Erreichbarkeit sein.
  • Setzen Sie kleine Schritte. Durch das Erreichen von kleinen Teilzielen erleben Sie häufiger Erfolgserlebnisse, die Sie bestärken und Ihnen Mut machen.
  • Belohnen Sie sich selbst, wenn Sie Ihre Vorgaben erreicht haben mit einer Kleinigkeit.

 Selbstmotivation ist also auch eine Leistung des Gehirns.

Weil Loslassen im Kopf beginnt, habe ich in dem Workshop zunächst die neuesten Erkenntnisse zu dieser Frage aus der Gehirnforschung präsentiert. Wie funktioniert Verhaltensänderung im Gehirn, sind Glück und Zufriedenheit eine Frage der Umstände waren ebenso Thema wie das Unbewusste.

Im Rahmen des Workshops haben die Teilnehmer Methoden und Anregungen kennengelernt, was Ihnen das Loslassen erleichtert.

Der nächste Workshop zum Thema „Loslassen“ findet übrigens am Samstag, den 11. Oktober 2014 statt. Wenn Sie sich jetzt schon einmal unverbindlich anmelden wollen, schreiben Sie mir bitte eine E-Mail an freund(at)copala.at.

Herzliche Grüße,

Natascha Freund

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Können Scheidungskinder wirklich glücklich werden?

Liebe Leserinnen und Leser,

im Zuge der der Unterstützung von Paaren, die sich scheiden lassen wollen, führe ich viele Elternberatungen durch. Diese Beratungen sollen Eltern helfen, wie sie ihre Kinder während der Scheidung aber ganz besonders danach begleiten und unterstützen können. Im diesem Newsletter möchte ich der Frage nachgehen

Können Scheidungskinder wirklich glücklich werden?

Der überwiegende Teil der  Literatur zu diesem Thema beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Unglück von Scheidungskindern. Es wird darin beschrieben, wie schlecht es Kindern geht bzw. welche Folgen es für ihr Leben bedeutet, wenn sich die leiblichen Eltern scheiden lassen. Meiner Erfahrung nach ist dies jedoch zu schnell geurteilt. Wenn sich Eltern streiten, fühlen sich Kinder mitunter selbst abgelehnt. Selbst wenn Eltern nicht vor den Kindern streiten, so spüren Kinder den Konflikt. Ist dem ständigen, wenn auch unausgesprochenen Konflikt für Kinder tatsächlich der Vorzug vor einer Trennung zu geben? Hierauf gibt es freilich keine eindeutige Antwort, kommt es hier doch sehr stark auf die Umstände an, dh in erster Linie wie die Trennung seitens der Eltern erfolgt.

In einem Interview diskutieren Helge-Ulrike Hyams (Professorin für Pädagogik an der Universität Bremen) und Remo H. Largo (Professor für Kinderheilkunde und Leiter der Abteilung Wachstum und Entwicklung am Universitäts-Kinderspital Zürich) zum Thema Scheidungskinder und deren Glück.

Frau Prof. Hyams berichtet von Studien, die zeigen, dass sich Väter nach einer Scheidung immer mehr zurückziehen. Dies hat zum einen seinen Hintergrund darin, dass 90 % der Scheidungskinder bei der Mutter leben. Manche Väter ziehen sich von sich aus zurück, andere werden von den Frauen ausgegrenzt. Zwei Jahre nach der Scheidung hat etwa nur noch jeder zweite Vater Kontakt zu den Kindern.

Dem entgegnet Prof. Largo, dass sich bei einem Blick auf die Familienkonstellation während aufrechter Ehe zeigt, dass der Vater bereits während „aufrechter Ehe“ wenig Beziehung zu seinen Kindern hatte. Beziehungen gründen sich auf gemeinsamen Erfahrungen. Wenn ein  Vater dies vor der Scheidung selten gemacht hat, dann hat er nachher auch kaum eine Chance mehr. Der Vater muss sich von Beginn an auf eine Beziehung mit einem Kind einlassen und darf nicht warten, bis es beispielsweise groß genug ist, um mit ihm Fußball spielen zu gehen. Dann kann es zu spät sein, um eine Beziehung aufzubauen. Mütter grenzen den Vater manchmal aber auch bewusst aus. Sie wollen allein für die Kinder „zuständig“ sein; die einzige Bezugsperson für das Kind sein. Meiner Erfahrung nach handelt es sich aber nicht um ausschließlich scheidungsspezifische Konflikte; steckt hier der Wurm doch schon „zuvor“ als alle noch von „Familie“ gesprochen haben, drin.

Zurück zum Thema Scheidung und die Bedürfnisse der Kinder. Kinder wollen keine Scheidung, weil sie Angst haben, verlassen zu werden. Daher ist, so Prof. Largo, das einzige das zählt, die Erfahrung, dass sie nach einer Scheidung nicht verlassen werden. Kinder können – bis zu einem gewissen Alter – nicht allein sein. Die Beziehung zu Mutter und Vater ist absolut und unkündbar, auch wenn Sie sich auf Paarebene trennen. Was heißt der – aus Kindersicht – komische Satz „Meine Eltern lassen sich scheiden“? Kinder können mit dem Wort „Scheidung“ nichts anfangen.

Das Bedürfnis nach Geborgenheit und Zuwendung bekommen Kinder nicht nur von Eltern, sondern auch von Großeltern oder anderen Bezugspersonen. Daher ist es insbesondere wichtig, dass die Betreuung des Kindes durch diese Personen  auch nach der Trennung erhalten bleibt. Dies ist die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Trennung. Ob die Bedürfnisse eines Kindes abgedeckt werden oder nicht, ist nicht an ein Familienmodell gebunden, meint Prof. Largo.

Dahingehen vertritt Prof. Hyams die Ansicht, dass ein Kind nicht mit einem Elternteil alleine zusammenleben soll. In diesem Fall ist das Kind diesem Elternteil komplett ausgeliefert und es darf nie einen ernsthaften Konflikt riskieren, weil es dann von der einzigen Person abgelehnt werden könnte, die es noch hat. Das führt zu großen Verlassens-Ängsten. Darüber hinaus identifiziert sich ein Kind nicht nur mit einem Elternteil, sondern mit der Beziehung der Eltern zueinander. Vor diesem Hintergrund vertritt Hyams auch die Ansicht, dass Scheidungskinder in weiterer Folge selbst zu Scheidungseltern werden.

Dem ist jedoch aus meiner Erfahrung entgegen zu halten, dass Kinder über Vorbilder sozialisiert werden. Sie nehmen nicht irgendein Verhalten an, sondern nur ein vorgelebtes. Es ist die Entscheidung des Kindes, was es von dem vorgelebten Verhalten annehmen möchte und was nicht. Ist eine Beziehung voller Ablehnung oder sind sich die Eltern zugetan und unterstützen sich gegenseitig vielleicht auch nach der Trennung? Es hängt nicht vom institutionellen Rahmen ab. Kinder beobachten sehr genau, wie sich Mutter und Vater bzw. in weiterer Folge, wenn ein oder beide Elternteile eine neue Beziehung eingehen, wie die Partner sich zum Elternteil verhalten. Die Kinder lernen daraus. Sollte es demnach zur Trennung der Eltern kommen, ist für das Wohl des Kindes vielmehr relevant, wie die Eltern den Umgang miteinander – gegeneinander fortan pflegen.

In Studien wurde u.a. auch herausgefunden, dass sich in Scheidungsfamilien, in denen es den Kindern gut geht, es den Eltern gelungen ist, ihre negativen Gefühle zueinander weitgehend abzubauen. Diese Eltern instrumentalisieren ihre Kinder nicht, um ihren persönlichen Streit auszutragen. In der Praxis erfolgt dies jedoch leider noch sehr selten. Weil man „den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“ und weil bei einer Scheidung viele Emotionen mitspielen, kann es zum eigenen Wohl aber auch zum Wohl der Kinder eine Beratung unterstützend sein.

Herzliche Grüße,

Natascha Freund

Zitate aus GEOWissen Nr. 34/2004

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Ihr Bewusstsein

Liebe Leserinnen und Leser,

denken Sie manchmal – bewusst oder unbewusst – an Ihr Bewusstsein? Im April-Newsletter habe ich hierzu einiges zusammengefasst. Nach dem Lesen sind Ihnen vielleicht unbewusste Dinge des Alltags bewusster?!

Ich lade Sie ein – machen Sie einen Versuch:

Wir wachen morgens nach einem langen oder kurzen Schlaf auf; Geräusche bahnen sich ihren Weg in unseren Kopf; das laute Klingeln des Weckers reißt uns aus den Träumen. Schon kommen die ersten Gedanken: wie spät ist es, welcher Tag ist heute, was muss ich heue alles erledigen? Manchmal ist es so, dass wir die Nacht gar nicht bewusst erleben, weil wir so rasch und unbemerkt wieder zu uns kommen und einen Zustand erlangen, den wir „Bewusstsein“ nennen. Ein Zustand, der uns jedoch sehr vertraut ist.

Nur im Bewusstsein können wir uns „Gedanken machen“. Nur wenn wir bei Bewusstsein sind, können wir Freude empfinden oder auch Trauer, Schmerz oder sonstige Gefühlsregungen sowie Entscheidungen treffen oder Pläne für die Zukunft machen. Das ist für uns alle selbstverständlich.

Alle Eindrücke, die wir im Laufe eines Tages gewinnen, sind für jedes einzelne Individuum höchstpersönlich. Kein Mensch kann über einen anderen urteilen, wie beispielsweise der Schweinsbraten schmeckt oder sich die Umarmung eines geliebten Menschen anfühlt. In diesem Zusammenhang ist der Philosoph Ludwig Wittgenstein zu zitieren mit seinem Kommentar „ich bin meine Welt“. Kein anderer Mensch kann etwas erleben, so wie Sie es selbst erleben. Das ist schlichtweg unmöglich.

Ich weiß, dass ich denke – doch weshalb weiß ich, dass ich weiß, dass ich denke?

Die Beschäftigung mit dem Geist war jahrhundertelang ausschließlich den Geisteswissenschaften vorbehalten. Der französische Philosoph René Descartes, 1640, vertrat die Ansicht, dass der Mensch aus zwei voneinander getrennten „Wesenseinheiten“ besteht: nämlich einer materiellen und einer geistigen. Damit Seele und Körper zueinander in Kontakt treten könnten, machte er die Zirbeldrüse im Gehirn verantwortlich.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen jedoch Zweifel an dieser dualistischen Sicht von Leib und Seele auf. Immer mehr verbreitete sich die Ansicht unter Forschern, dass das Gehirn unser Denken, unser Bewusstsein, verursache.

Heute sind sich die Forscher sicher, dass unser Bewusstsein von den Denkorganen in unserem Kopf hervorgerufen wird. Hirnforscher und Neuropsychologen unterscheiden bis zu neun Bewusstseinszustände. Beispielsweise sind zu nennen:

  • Das Erfassen von Vorgängen in der Umwelt – Ich höre ein Geräusch
  • Das Erfassen von Vorgängen im eigenen Körper – Ich      habe Schmerzen
  • Mentale Zustände – Ich denke nach
  • Bedürfnisse – Ich habe Durst
  • Die Zugehörigkeit des eigenen Körpers – Das sind meine Beine

Trotz dieser unterschiedlichen Bewusstseinszustände fühlt es sich für uns immer noch so an, als sei es stets dasselbe Ich. Bin ich mir doch bewusst darüber, dass es mich juckt oder dass ich Hunger habe, dass ich gerade wach bin oder über den nächsten Urlaub nachdenke. Aber, jeder dieser einzelnen Ich-Zustände kann ausfallen. Zudem kommt hinzu, dass die verschiedenen Bewusstseinszustände in der Regel nicht alle gleichermaßen präsent sind. Vielmehr wechseln sich diese ständig ab.

Zum Beispiel: Ich denke gerade über den nächsten Urlaub nach; das Telefon läutet (ich höre das Läuten), ich laufe zum Telefon, ich stoße mir den Fuß (ich habe Schmerzen), … Es ist eine erstaunliche Leistung unseres Gehirns, die einzelnen Bewusstseinszustände aneinander zu reihen. In unserem Bewusstsein gibt es hierfür keinen „Schnitt“ wie wir dies beispielsweise bei Filmen kennen.

Den Wechsel unserer Ich-Zustände kann man sich vorstellen wie eine Art Wettbewerb. In unserem Gehirn ringen fortlaufende Informationen über uns und unsere Umwelt um Aufmerksamkeit. Aber auch unser Aufmerksamkeitsbewusstsein verfügt nur über eine begrenzte Kapazität. Wie mit einer Art Suchscheinwerfer sucht sich das Bewusstsein seinen Fokus, auf den es sich richtet – was es für wichtig erachtet und was für weniger wichtig erachtet. Beispielsweise hören Sie einer Geschichte zu. Die gesamte Aufmerksamkeit ist auf das Zuhören gerichtet. Umgekehrt verschwinden Eindrücke auch sehr schnell, je weniger wir uns damit beschäftigen. Hirnforscher haben festgestellt, dass ein Sinnesreiz bereits nach 5 Sekunden unserem Erinnerungsvermögen entfällt, wenn er unsere Aufmerksamkeit nicht genügend erregt. Eine bedeutende Rolle bei der Auslese unseres Bewusstseins spielt, laut Hirnforscher, der Talamus, eine kleine Region im Hirn.

Einige Neurowissenschaftler vertreten auch die Ansicht, dass die bewusste Wahrnehmung das Resultat eines Konkurrenzkampfes von Nervenzellverbänden ist. Beispielsweise gehen wir im Park spazieren und es kommt ein bellender Hund auf uns zugelaufen. Aufgrund dieser Nervenzellverbände ist unsere Aufmerksamkeit nur auf diesen bellenden Hund gerichtet und wir nehmen damit nicht mehr die Umwelt wahr, wie beispielsweise den Teich oder dass es zu regnen begonnen hat.

In diesem Zusammenhang fragt es sich natürlich, ob unser Bewusstsein nichts anderes ist als ein Senden elektrischer Impulse? Die Antwort darauf ist ernüchternd – die Forscher wissen es nicht.

Manche Dinge lassen sich eben nicht erforschen. Unsere Welt ist bunt, wir erleben Farben und Klänge, Gerüche und Geschmäcker, wir machen uns Gedanken über die Zukunft, aber wir wissen nicht warum. Vermutlich ist es so, wie Johann Wolfgang von Goethe schrieb: „Das schönste Glück des denkenden Menschen ist es, das Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.“

Mit diesen Worten wünsche ich Ihnen einen wunderschönen Frühlingsbeginn. Übrigens – auch das Wetter lässt sich nicht immer er/begründen….

Herzliche Grüße,

Natascha Freund

Quelle: Geokompakt Nr. 32/2012

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Familienübung

Liebe Leserinnen und Leser,

in meinem Newsletter vom Dezember 2013 haben ich Ihnen eine Übung vorgestellt, mit der Sie Harmonie in der Familie schaffen können. Für die zahlreichen Rückmeldungen und die Übermittlung der sehr schön gestalteten Bilder möchte ich mich ganz herzlich bedanken.

Im März-Newsletter möchte ich Ihnen eine weitere Familienübung vorstellen, die der Stärkung der Familiengemeinschaft dient.

Übung: Tiergeschichten

Es ist eine alte Methode, Menschen darzustellen, indem man sie als Tiere charakterisiert. In Fabeln wird dieses Stilmittel seit der Antike benutzt.

Ordnen Sie jedem Familienmitglied ein Tier zu. Jedes Tier sollte dabei eine wichtige Bedeutung haben. Anhaltspunkt dafür, welches Tier dem Einzelnen zugeordnet wird, sind dabei die Eigenschaften der Person. Der starke Junge im Kindergartenalter ist dann vielleicht ein Löwe, die große Schwester ein mächtiger Tiger. Die beiden leben nicht in der gleichen Region, könnten Sie jetzt einwerfen. Für unsere Übung ist das nicht wichtig. Aber beide sind stark und werden sich gegenseitig nicht vernichten. Stellen Sie Ihre Familie gemeinsam mit dem Kind zusammen. Sie dürfen helfen, wenn es darum geht, die richtige Tierart auszuwählen. Die Eigenschaften, die das Kind in den einzelnen Familienmitgliedern sieht, sollten Sie aber nicht in Frage stellen. Vielleicht ist der Löwe ja auch ein verwunschener kuscheliger Hund. Das wird sich später herausstellen. Wenn Ihre Tierfamilie fertig ist, kann sie gemalt werden. Und dann beginnen die Abenteuer. Was erlebt diese bunte Versammlung? Unternimmt sie Reisen oder kämpft sie gemeinsam gegen gefährliche Ungeheuer? Fordern Sie Ihr Kind auf, die Geschichte immer weiter auszubauen. Das Kind hat dadurch ein Ventil, das ihm hilft, Gefühle zu äußern. Halten Sie sich zurück, die Geschichte selbst weiter zu spinnen, geben Sie allenfalls Anstöße. Das Kind soll möglichst alles, was mit den Tieren geschieht, selbst erzählen. Lassen Sie auch traurige und gefährliche oder anderweitig unschöne Kapitel zu. Dem Kind dient diese Übung als Gelegenheit, etwaige Ängste zu bearbeiten. Im Verlauf des Erzählens übernehmen die Tiere nämlich die Aufgabe, die Familie aus der Sicht des Kindes darzustellen.

Diese Übung lässt sich immer wieder erneut spielen. So kann die ursprüngliche Geschichte einen anderen Verlauf nehmen oder es werden andere Tiere gewählt…es gibt unzählige Möglichkeiten.

Ich wünsche Ihnen auch diesmal viel Spaß beim Ausprobieren dieser Übung und viele schöne gemeinsame Stunden.

Herzliche Grüße,

Natascha Freund

In Anlehnung an Stefanie Glaschke, Unsere Patchwork-Familie

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