Liebe Leserinnen und Leser,

im Urlaub bin ich viel mit dem Zug durch Skandinavien gereist und habe einige interessante Beobachtungen gemacht:

Ein Mädchen, vermutlich um die vier Jahre alt, spielte auf ihrem schicken, in rosa Hülle eingepackten iPad. Sicher waren kindergerechte Spiele darauf, denn das Mädchen ließ doch gleich alle Fahrgäste an ihren Spielen teilhaben, war die Musik dieses Gerätes doch auf volle Lautstärke eingestellt. Der Vater saß neben dem Kind und war selbst an seinem elektronischen Gerät beschäftigt. Hinter den beiden saßen zwei ältere Damen. Diese unterhielten sich in dänisch, schwedisch oder war es doch norwegisch…ebenso lautstark. Worin lag also der Unterschied? Warum fand ich das Spiel des Kindes so erschreckend, während ich bei der lautstarken Unterhaltung der älteren Damen die Sprachmelodie genoss?

Im Hotel…nahezu alle Hotelgäste, ob jung oder alt sind während oder zumindest nach dem Frühstück an ihren mobilen Geräten aktiv. Erschreckend? Ja, das dachte ich mir anfangs auch, doch dann fragte ich mich, worin liegt der Unterschied zu Menschen, die in ihre Zeitungen vertieft sind?

Und in der Stadt…wie von Geisterhand gesteuert, weichen die gehenden Menschen beweglichen und unbeweglichen Hindernissen wie Hydranten, Litfaßsäulen und Straßenschildern aus, während sie nach unten auf ihre Smartphone starren. Sie sind hier – und doch gleichzeitig woanders?

Ist das alles nur der Gang der Zeit, eine normale Entwicklung wie jene von Brief zu E-Mail oder Pferdewagen zu Auto?  Vereinsamen wir vor unseren computerähnlichen Geräten oder können wir gerade dadurch mit mehr Menschen in Kontakt bleiben als wir es in einem persönlichen Gespräch könnten?

Die Glücksforschung sagt dazu, dass es für das Glück darauf ankommt, dass wir in langfristigen guten Beziehungen leben. Gute soziale Kontakte sind wichtig. Aber gibt es die nicht auch auf Facebook? Elektronische Spiele, E-Mails und Nachrichten in sozialen Medien verschaffen uns eine kurzfristige Befriedigung, aber keine nachhaltige Bindung. Wieviel  Kontakte bzw. Follower haben Sie eigentlich auf Xing, Facebook, Twitter…oder wie die sozialen Medien alle heißen?  Und …. Kennen Sie diese Menschen wirklich? Am Ende sind es die gemeinsamen Erfahrungen, Erinnerungen, das gute Gespräch, die persönliche Betroffenheit, vielleicht auch Mitleid und geteilte Freude , die viel mehr geben als ein rechteckiges Gerät mit einer Textausgabe über den Bildschirm.  Gefühle sind vielleicht der Schlüssel,  Gefühle wie Interesse, Zorn, Angst und auch Freude. Diese Gefühle können wir derzeit nur zwischenmenschlich leben, aber vielleicht bringt uns die neue Technologie auch hier eine Änderung…und demnächst tröstet mich das iPad, wenn ich über den Verlust meines Freundes dem iPhone weine….

Mit reisenden Grüßen

Natascha Freund

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