Kategorie: Sonstiges (Seite 4 von 6)

Zum Nachdenken …

Liebe LeserInnen,

vielleicht haben Sie den Newsletter von COPALA im April schon vermisst? Der Newsletter kommt diesmal nicht nur verspätet, sondern auch von einem anderen Autor, nämlich vom Ehemann. Jetzt sind Sie bestimmt genauso überrascht, wie ich es war, als wir uns diese Idee überlegt haben.

Der Grund ist aber einer, der nachdenklich macht. Meine Frau kam nämlich Ende März sehr akut ins Krankenhaus. Sie ist auf dem deutlichen Wege der Besserung, inzwischen auch wieder aus dem Krankenhaus entlassen, aber spürt doch die Nachwirkungen dieses Ereignisses.

So ein „Schuss vor den Bug“ um in der maritimen Sprache meiner norddeutschen Heimat zu bleiben wirkt nachhaltig und regt sehr zum Nachdenken an. Kennen Sie das? Fragen Sie sich auch manchmal:

  •  Wo stehe ich im Leben?
  •  Was habe ich bisher gemacht?
  •  Ist das das Richtige?
  •  Geht es weiter so oder soll ich etwas ändern? Und wenn Sie etwas ändern, was ist dann der Anlass?
  •  Wann und Wie machen wir uns auf zu anderen Wegen, anderen Ideen?
  •  Was braucht es, um die Richtung ein wenig neu zu justieren oder gar die Lenkung herumzureißen?

Schwere gesundheitliche Einschnitte sind oft Anlässe, nachzudenken und vor allem auch, das Leben zu entschleunigen. Zur Ruhe gezwungen, lebt man bewusster, hört wieder die Vögel zwitschern, hinterfragt den Sinn mancher Dinge, genießt die Zeit mit sich selbst und auch mit anderen Menschen intensiver – ganz im Sinne von Pearl S. Buck

„Die wahre Lebensweisheit besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen“.

Ich hoffe, dieser „Ersatz“-Newsletter hat Ihnen genau so viel Freude bereitet und Inspiration gegeben, wie das, was meine Frau sonst schreibt. Trotzdem, sie ist unersetzbar und deshalb hoffe ich, dass der nächste Newsletter wieder aus ihrer Feder stammt.

Mit nachdenklichen Grüßen

Dr. Ernst-Olav Ruhle

Das personifizierte Glück

Liebe Leserinnen und Leser,

heute beglücke ich Sie mit dem personifiziertem Glück oder der Frage was ein Chief Happiness Officer oder auch Glücksvorstand ist:

Wenn ich zum Supermarkt an der Ecke gehe, dann kaufe ich auch Fleisch oder Schinken in der Frischfleischabteilung (in Bedienung) ein. Immer? Nein, nicht immer. Warum ist das so? An dieser Fleischtheke gibt es abwechselnd 4 Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen. Eine junge Frau mit deutschem Akzent (vielleicht Studentin?), eine junge Österreicherin mit schicker Tatöwierung, einen Herrn mit Oberlippenbart und eine „gstandene“ Frau von vielleicht 50 Jahren. Wenn eine bestimmte dieser Personen an der Fleischtheke steht, verzichte ich auf den Einkauf, denn diese Person ist ein wenig mürrisch. Der Schinken wird nicht liebevoll verpackt, sondern aufs Papier „geklatscht“; nach erfolgter Bestellung hört man die ungeduldigen und unwirschen Worte „no was?“. Diese Person wirkt unzufrieden mit der Arbeit, ja, vielleicht sogar unglücklich, und es mir unangenehm bei ihr einzukaufen.

Wäre diese Person glücklich, könnte der Supermarkt mit mir mehr Umsatz machen, denn ich kaufe gerne ein, wenn ich freundlich bedient werde und ich auch den Eindruck habe, dass die Menschen, die dort arbeiten, „gut drauf“ sind, also Zufriedenheit ausstrahlen und ihren „Job“ gerne machen.

Diesen augenscheinlich einfachen Zusammenhang hat man auch in der Wirtschaft erkannt und in vielen, vor allem großen Unternehmen gibt es einen neuen „Vorstandsbereich“, und zwar für Glück. Also, neben dem Vorstandsvorsitzenden (CEO, Chief Executive Officer), dem Finanzvorstand (CFO, Chief Financial Officer), dem Technikvorstand (Chief Technical Officer) und vielleicht einigen mehr, gibt es immer häufiger den Glücksvorstand, den Chief Happiness Officer (CHO).

Wen soll denn so ein Glücksvorstand beglücken? Nun, jedes Unternehmen kann nur existieren, wenn seine Produkte und Leistungen gerne gekauft werden, und das gelingt am besten, wenn es motivierte und glückliche Mitarbeiter gibt. Der CHO (oder vielleicht besser: der „Glücksbringer“ oder „Gute Laune Bringer“) wirkt und arbeitet demzufolge nach innen und nach außen. Er oder sie sollen eine Atmosphäre schaffen, in der sich die Mitarbeiter wohlfühlen, damit sie gute Arbeit leisten. Es geht aber nicht darum, aus der Arbeitswelt ein Spaßbad zu machen und nur zu feiern. Vielmehr geht es um eine gute Atmosphäre, Training, eine inspirierende Arbeitsumgebung, etc.

Gibt es ein Anforderungsprofil für einen Glücksvorstand? Nun ja, es wäre gut, wenn dieser Mensch zum einen selbst glücklich ist und zum anderen die Mitarbeiter inspirieren und motivieren kann.

Glück kann man leider nicht wirklich gut messen. Wenn man es aber für sich betrachtet und wahrnimmt, dass man Zufriedenheit und Nutzen auslösen kann und dies in sein tägliches Arbeitsleben integriert, ist schon viel gewonnen. Und warum sollte dieses Prinzip nicht auch auf das Privatleben übertragbar sein? Kann nicht jede Familie einen Chief Happiness Officer benennen oder jeder Verein, in dem es Präsident, Vizepräsident oder Kassier gibt, könnte auch einen „Glücksverantwortlichen“ haben – und was erst in der Politik möglich wäre mit einem „Glücksministerium“ ….. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Ich gehe jetzt zu meinem Supermarkt an der Ecke und sage mal Bescheid, dass sie unbedingt einen Glücksvorstand brauchen, wenn sie mir mehr verkaufen wollen…

Glückliche Grüße,

Natascha Freund

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Von den guten Vorsätzen …

Liebe Leserinnen und Leser,

mit dem Jahreswechsel einher gehen oftmals auch gute Vorsätze. Das neue Jahr ist noch jung und vielleicht halten Sie noch gut Ihre neuen Vorsätze ein? Wie war das denn letztes Jahr – haben Sie alle Ihre Vorsätze über das Jahr hindurch durchhalten und erfolgreich umsetzen können?

Wenn ja – herzliche Gratulation!

Wenn nein – willkommen im Club!

Manchmal klappt es tatsächlich. Oft habe ich schon von Leuten gehört, die von heute auf morgen beschlossen haben, mit dem Rauchen aufzuhören und damit erfolgreich waren. Oft ist aber die Kluft zwischen den guten Absichten und deren Umsetzung ganz schön groß. Der Grund dafür liegt zumeist darin, dass bei der Idee eine Verhaltensweise oder eine Denkstruktur ändern zu wollen, es sich zumeist um die Veränderung von Gewohnheiten handelt. Gewohnheiten sind gut einstudierte Abläufe. Denken Sie an einen „Trampelpfad“, über den immer und immer wieder gelaufen wird. Ungefähr so sieht es in Ihrem Gehirn aus. Sie machen etwas immer und immer wieder (beispielsweise Kaffeetrinken und Kuchen essen um 15 Uhr), dadurch hat sich eine Gewohnheit nicht nur tatsächlich, sondern auch im Gehirn installiert. Durch ständige Benutzung des Trampelpfades oder Ausübung der Gewohnheit ist diese gut „gepflegt“. Übrigens wussten Sie, dass über 45 Prozent unserer täglichen Handlungen nicht auf bewusstem Nachdenken beruhen, sondern es sich hierbei vielmehr um Gewohnheiten handelt?

Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse aus der Gehirnforschung ist es vielleicht leichter nachvollziehbar, dass eine Veränderung ein Prozess ist, der oftmals nicht von heute auf morgen umsetzbar ist. Oft erwarten wir, dass allein durch den Beschluss einer Änderung, sich dann auch gleich das gewünschte Ergebnis einstellt. Das ist aber gerade nicht der Fall, dh wir wollen mit unseren guten Neujahrsvorsätzen den gut gepflegten Trampelpfad verlassen, das ist aber oftmals viel schwieriger als gedacht. Die meisten von uns sind Gewohnheitsmenschen und so tickt auch unser Hirn. Alte Gewohnheiten aufgeben bedeutet Anstrengung, weil ein neuer Trampelpfad (in Form einer neuen Gewohnheit, also der neuen gewünschten Verhaltensweise) erst entstehen muss. Das gelingt am besten durch stetige Wiederholung. Dabei ist es aber nicht erforderlich, eine Veränderung in seiner Gesamtheit durchzuführen, vielmehr sind es die kleinen Schritte, die langfristig zum Erfolg führen.

Nachdem Sie nun einiges über „Hürden“ gelesen haben, möchte ich Ihnen nun aber auch aufzeigen, wie es gehen kann:

Die wichtigste Frage für eine Verhaltensänderung ist nicht, wie viel Willenskraft brauche ich, um etwas zu verändern, entscheidend sind vielmehr zwei Punkte:

1. Wer werde ich sein, wenn die gewünschte Veränderung umgesetzt habe?

In der Beratung habe ich festgestellt, dass viele Menschen ganz genau wissen, was sie nicht wollen, aber nicht wissen, was sie wollen. Das ist aber entscheidend. Bei einem Veränderungsprozess ist es wichtig zu wissen: wo will ich hin. Was möchte ich erreichen? Worin drückt sich die Veränderung aus? Woran stelle ich die Zielerreichung fest?

2. Was bringt die Zielerreichung mit sich?

Fragen Sie sich, ob Sie tatsächlich bereit sind, die Veränderung um jeden Preis umzusetzen. Anders gefragt – gibt es unangenehme Nebenwirkungen, die mit meinem Ziel in Verbindung stehen? Wenn ja, ist es die Veränderung tatsächlich wert?

Darüber hinaus bringt es nichts, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen und zu glauben, alles sofort erreichen zu müssen. Stephen Guise hat ein Konzept der kleinen Schritte entwickelt, sogenannte „mini habits“ (www.minihabits.com). Er ist davon überzeugt, dass es besser ist, jeden Tag ein wenig zu tun, als an einem Tag ganz viel. Einige Beispiele hierzu:

  • Sie wollen abnehmen: Dann müssen Sie nicht gleich alles geliebten Speisen vom Speiseplan streichen; beginnen Sie zunächst einmal den Nachmittagskuchen wegzulassen.
  • Sie wollen mehr Sport betreiben: Starten Sie Ihr neues Vorhaben nicht sofort mit täglich einer Stunde, sondern beginnen langsam, vielleicht am Anfang mit täglich 20 Minuten.
  • Sie wollen mehr Zeit mit dem Partner verbringen: … Haben Sie schon eine Ahnung wie es gehen könnte?

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung der gewonnen Erkenntnisse und möchte Ihnen folgendes Zitat von Laozi mit auf den Weg geben

Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.

Herzliche Grüße, Natascha Freund

Quelle: Psychologie heute Oktober 2014

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Das Navi im Gehirn

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie wissen bestimmt, dass ich immer wieder ganz gerne ein paar Erkenntnisse aus der Hirnforschung bei meiner Arbeit einfließen lasse. Sie hilft uns, unser Verhalten zu verstehen und zu erklären. Deshalb befasst sich der November-Newsletter auch mit diesem Thema und er wurde von meinem Mann sozusagen als „Gastautor“ verfasst.

 Das Navi im Gehirn

Norwegen ist ein kleines Land und da ich aus so einem kleinen Land stamme, freue ich mich natürlich besonders, wenn meine Landsleute etwas Besonderes leisten. In diesem Fall ist es die Zuerkennung des Nobelpreises für Medizin, der zur Hälfte an John O’Keefe aus London und zur anderen Hälfte an die norwegischen Hirnforscher May-Britt und Edvard Moser aus Trondheim geht. Sie werden dafür ausgezeichnet, dass sie Zellen entdeckt haben, die in unserem Gehirn das Positionierungssystem (also in Kurzform: das Navigationsgerät) bilden.

Die Forscher haben das Orientierungssystem im Gehirn erforscht und einen speziellen Typus von Nervenzellen im sogenannten Hippocampus gefunden. Die entsprechenden Tests wurden anhand der Gehirne von Ratten durchgeführt.

Wozu hilft uns nun dieses Navigationssystem im Gehirn? Die Antwort darauf lässt sich geben, wenn man sich die Umkehrung verdeutlicht, nämlich, wenn unser Gehirn diese Fähigkeiten verliert. Ein sehr schönes Beispiel dafür ist die Fähigkeit zur geografischen Orientierung im Straßenverkehr. Forscher haben herausgefunden, dass Taxifahrer in Städten, in denen die Prüfung mit Navigationsgeräten möglich ist, deutlich schlechter ausgeprägte Gehirnlappen haben als Taxifahrer in solchen Städten, die die Prüfung ohne Hilfe von geografischen Navigationsmitteln auf elektronischer Basis durchführen müssen. Mit anderen Worten, wie es Manfred Spitzer in seinem Buch „Digitale Demenz“ beschreibt (Seite 29 ff.): „Zwei Jahre später fanden Wissenschaftler heraus, dass Londoner Taxifahrer einen größeren Hippocampus haben als eine im Experiment hinzugezogene Kontrollgruppe.“ Der Grund hierfür ist, dass sich die Taxifahrer in London in ihrer Stadt genau auskennen müssen, weil sie für ihre Prüfung lernen mussten, sich geografisch ohne Hilfe zu orientieren. In vielen anderen Städten auf der Welt, ist dies nicht erforderlich und auch Sie haben vielleicht schon mal die Erfahrung gemacht, dass sie in einer deutschen oder österreichischen größeren Stadt ins Taxi einsteigen, die Adresse angeben und dann vom Fahrer eine Karte in die Hand gedrückt bekommen, um das Ziel zu suchen, wie es mir schon einmal in Hannover passiert ist.

Diese Geschichte ist ein sehr guter Beleg dafür, dass viele Instrumente, die uns heute auf elektronischem Weg im Alltag helfen sollen, uns letztendlich „dümmer“ machen. Dabei geht es nicht nur um elektronische Navigationsgeräte, sondern natürlich um jede Form von Suchen und Finden, die wir uns erleichtern. Vielleicht haben Sie auch schon häufig den Satz gehört „Das steht im Internet“ als „Entschuldigung“ dafür, dass man etwas nicht wissen muss. Natürlich muss man nicht wissen, aber man muss wissen wo man es findet, so sagten es schon die Lehrer in den 1970er-Jahren. Das Lesen von Lexika oder ähnlichen Nachschlagewerken oder das Zurechtfinden darin, ist heute weitaus wesentlich weniger ausgeprägt als in früheren Jahren.

Wir vertrauen heute immer mehr darauf, dass die Elektronik uns aus der Patsche hilft. Wer merkt sich schon noch Telefonnummern, die sich ja leicht einspeichern lassen? Wer kann heute noch wirklich gut eine Autokarte lesen und die richtige Ausfahrt von der Autobahn finden? Wer merkt sich noch die Abfahrts- oder Abflugzeit von Bahn oder Flugzeug? Es gibt viele kleine Hinweise darauf, dass wir unser Gehirn „entlasten“, aber gleichzeitig auch die Verantwortung abgeben. Lagern wir all diese Prozesse aus, sind wir effizient, nutzen aber auch das große Potential unseres Gehirns nicht mehr, das doch mit einem Navi ausgestattet ist. Daher: bleiben Sie aufmerksam und wachsam und lassen Sie sich durch die „elektronischen Helferlein“ wie Suchmaschinen, Kalender, Navigationsgeräte, Erinnerungs-E Mails etc. nicht verwirren, sondern füttern Sie Ihr Gehirn mit Informationen und es wird Ihnen bis ins hohe Alter damit danken, dass Sie fit, vital und vor allem „nachdenklich“ bleiben.

Ich wünsche Ihnen ein entspanntes und für Sie gewinnbringendes Lesevergnügen!

Herzliche Grüße, Natascha Freund

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Zeit los – Leben mit und ohne Zeit

Liebe Leserinnen und Leser,

  • sind Sie manchmal „Zeitlos“ oder
  • gehören Sie auch zu jenen, die „unbedingt in Zukunft Stress vermeiden“ und abbauen wollen und gerne mehr „Zeit für Freunde und Familie“ hätten?

Wenn ja, dann willkommen bei einer Mehrheit von fast 60 % der Bevölkerung. Fällt Ihnen auf, dass Sie diese Ziele kaum verwirklichen können und es Ihnen selten gelingt, „Zeit zu haben“? Es ist schon paradox – wir verwenden immer mehr technische und andere Hilfsmittel, die uns helfen „Zeit zu sparen“ und trotzdem, wir gewinnen keine Zeit, alles wird immer hektischer, kurzatmiger, rastloser. In vielen Industriegesellschaften hat man daher schon den Begriff der „Zeitnot“ eingeführt, der eigentlich aus dem Schachspiel kommt und andeutet, dass man für viele Züge bis zur sogenannten Zeitkontrolle nur noch sehr wenig Zeit auf der Schachuhr zur Verfügung hat.

Das Wort „Zeit“ lässt sich mit so vielen anderen Worten kombinieren: Zeitknappheit, Zeitverlust, Zeitguthaben – all das ist so komplex, dass man schon ein „Zeitmanagement“ benötigt. Wenn Sie Ihre Zeit richtig administrieren, dann können Sie auch Ratgeber dazu lesen, z.B. „Zeit, der Stoff aus dem das Leben ist“ (Stefan Klein) oder „Muße“ (Ulrich Schnabel).

Fastfood, Convenience Food, Verkürzung von Mastzyklen bei Tieren, genmanipulierte Lebensmittel, Social Media, usw. sind alles Maßnahmen, damit wir schneller essen, leben, arbeiten, produzieren können – und dennoch fehlt uns die Zeit.

Der wahre Grund für dieses scheinbare Paradox ist, dass wir uns immer mehr unter „Zeitdruck“ setzen. Alles muss schneller, schneller und noch schneller gehen. Jeden Tag versuchen wir „zu optimieren“ und mit der Verwendung von Hilfsmitteln beschleunigen wir diese Prozesse immer weiter. Aber diese Beschleunigung hilft uns nicht dabei, mehr Zeit zu gewinnen, sondern einfach nur mehr zu erledigen. Der Soziologe Hartmut Rosa schreibt in seinem Buch „Beschleunigung und Entfremdung“ etwas Interessantes zu der Art und Weise wie wir elektronisch und digital kommunizieren: „Zwar lässt sich eine E Mail deutlich schneller schreiben als ein herkömmlicher Brief, aber – so Rosa – ist zu vermuten, dass der Mensch inzwischen 40, 50 oder gar 70 E Mails pro Tag lesen und schreiben kann. Dafür benötigt er aber weitaus mehr Zeit für Kommunikation als vor der Erfindung des Internets.“ Somit beschleunigen wir also die Prozesse um uns herum und auch unser Arbeitspensum.

Nach meiner Auffassung ist es auch so, dass es in einem immer stärkeren Ausmaß durch die Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche gelingt, Informationsverarbeitung zu beschleunigen. Wir können schneller reisen, Daten versenden, Daten analysieren (und unser Kühlschrank kann uns eine SMS senden, wenn die Milch ausgeht und wir welche einkaufen sollen), aber was wir nicht beschleunigen können, ist die Leistung unseres Gehirns in Bezug auf die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen.

Wir haben uns so sehr an die immerwährende Hektik und die rastlose Arbeit gewöhnt, dass Nichtstun für viele Menschen schon zu einem Schreckens-Szenario geworden ist. In einer Versuchsanordnung des Psychologen Timothy Wilson von der Universität Virginia haben Wissenschaftler Probanden aller Altersklassen einzeln in einen Raum gesetzt und sie aufgefordert 6 bis 15 Minuten lang still zu sitzen und ihren Gedanken nachzuhängen. Die Mehrheit reagierte mit deutlichen Anzeichen von Unwohlsein. Daraufhin änderten die Forscher die Versuchsanordnung und gaben den Testpersonen die Möglichkeit sich selbst während der 15-minütigen Ruhezeit einen leichten Elektroschock zu verpassen. Das Ergebnis war sehr verblüffend: zwei Drittel aller Männer und ein Viertel aller Frauen verpassten sich mindestens einmal lieber selbst einen Schlag als einfach stillzusitzen. Ein Mann brachte es sogar auf 190 Elektroschocks.

Das Problem mit der immerwährenden Beschleunigung ist, dass die Eindringtiefe und die intellektuelle Auseinandersetzung mit Themen auf der Strecke bleibt. Es siegt die Oberflächlichkeit, wenn wir immer schneller arbeiten. Abstraktes Denken, Muße um bestimmte Themen wirklich zu durchdringen, werden so immer schlechter möglich.

Erste Gegenbewegungen sind allerdings auch schon im Entstehen. Vereine für Zeitverzögerung zum Beispiel sind bereits verschiedentlich gegründet worden. In einigen Ländern gibt es Bemühungen, auch öffentlich kommuniziert die Prozesse zu entschleunigen. Im norwegischen Fernsehen zum Beispiel gab es die längste (oder langatmigste?) Sendung aller Zeiten, eine 134-stündige Übertragung einer Schiffsfahrt mit der Hurtig-Route von Bergen nach Kirkenes. Es gibt auch bereits eine „nationale Feuerholznacht“ sowie eine Sendung über einen Strick-Abend, die 8 Stunden dauerte.

Als Individuum ist es schwer, gegen diese Bewegung anzukämpfen. Sich einfach mal aus der Hektik „abzumelden“ ist gegen den Trend und macht einen schnell zum Sonderling. Es gibt aber einige einfache Tipps und Empfehlungen, wie man mit der Rastlosigkeit umgeht, zum Beispiel:

  • indem man ein gutes Buch liest und zwar auf dem Sofa mit wahlweise einem Tee oder einem Glas Wein und dem Handy in sicherer Entfernung;
  • indem man im Büro nur alle drei bis vier Stunden ein Zeitfenster von vielleicht 15 Minuten einräumt, um E-Mails zu überprüfen, zu lesen und zu beantworten;
  • Sabbaticals und Auszeiten sind bei neuen Arbeitsplätzen zunehmend beliebt;
  • indem man die wachsenden Bewegungen wie Slow Food, Slow Cities und andere Tendenzen wie z.B. Slow Travel, Slow Money oder Slow Living kennenlernt und für sich ausprobiert.

Es muss also nicht sein, dass wir der immerwährenden Beschleunigung unser Tribut zahlen, nehmen Sie sich die Zeit, einmal darüber nachzudenken, wieviel Zeit Sie sich nehmen wollen. Die Zeit gehört zwar niemanden, aber es ist doch „Ihre Zeit“?!

Herzliche Grüße,

Natascha Freund

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Quelle: Der Spiegel 2014

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